Das große Eszett – erinnern Sie sich? 2017 war’s, da beherrschte der Duden für kurze Zeit die deutschen Schlagzeilen. Und zwar wegen eines neuen Buchstabens – das große Eszett war geboren worden. Das gab es bis dahin im deutschen Alphabet nicht. Wie sieht es jetzt damit aus? Kommt die Neuerung gut an? Hat sich der Aufwand gelohnt?
Was bisher geschah …
Bis zum Juni 2017 gab es kein großes Eszett. Kein Problem, könnte man meinen. Immerhin gibt es im Deutschen kein Substantiv, das mit Eszett beginnt. Wozu also der Großbuchstabe?
Der Teufel steckt im Detail. Immer dann nämlich, wenn etwas in Versalien geschrieben wird, also ausschließlich in Großbuchstaben. Besonders häufig ist das auf Werbeplakaten zu sehen, aber auch manchmal in Headlines, Buchtiteln und anderen mehr oder weniger liebevoll gestalteten Textsorten. Auch im Personalausweis steht der Name in Versalien. Wer also Anja Weißmüller heißt, findet sich als ANJA WEISSMÜLLER im Pass.
Wie leben ohne großes Eszett?
Für Anja Weißmüller war das fehlende große Eszett also durchaus ärgerlich, existierte sie für die deutsche Bürokratie doch quasi nicht. Jedenfalls nicht in korrekter Schreibung. Anja musste bis zum 29. Juni 2017 als Frau WEISSMÜLLER alternativlos mit dieser unschönen Falschschreibung ihres Familiennamens leben. Denn so wurde der fehlende Großbuchstabe korrekt ersetzt: mit einem großen Doppel-S.
Das hatte im Juni ein Ende, denn da wurde endlich das große Eszett eingeführt. Rein theoretisch könnte sich Anja also nun im Personalausweis als ANJA WEIẞMÜLLER wiederfinden. Denn so sieht das große Eszett aus.
Zum Verwechseln ähnlich
Sie sehen den Unterschied nicht? Kein Wunder, denn der ist minimal. Hier der direkte Vergleich für etwas mehr Deutlichkeit: ß ẞ
Links steht das kleine Eszett, rechts das große.
Ob Anja Weißmüller mit der Lösung glücklich ist, ist nicht überliefert. Fest steht: Es gibt nun zwei korrekte Möglichkeiten, das große Eszett darzustellen: Wie bisher können Sie es durch Doppel-S ersetzen oder Sie verwenden den neuen Großbuchstaben.
Wie sieht das große Eszett in der Praxis aus?
Als Lektorin für Unternehmenskommunikation, die täglich Magazine, Anzeigen, Flyer, Webseiten, Blogs und vieles mehr liest, kann ich mit ziemlicher Sicherheit sagen: Der Aufwand hat sich nicht gelohnt. Noch kein einziges Mal ist mir das große Eszett in den drei Jahren seines Bestehens begegnet. Und ich glaube auch zu wissen, warum das so ist.
Das Problem ist ein grafisches. Der neue Buchstabe wird schlicht noch von zu wenigen Schriftarten unterstützt. Grafiker möchten aber gern verschiedene Fonts verwenden. Unternehmen haben zudem bestimmte festgelegte Hausschriften. Eine Änderung ist da also nicht so leicht möglich. Simpler ist es, auf die gut etablierte und einfache Alternative mit dem Doppel-S zurückzugreifen.
Was die Zukunft bringt
Manche Neuerungen brauchen aber auch einfach Zeit. Vielleicht hat das große Eszett seine große Zeit also erst noch vor sich. Und die könnte schon übernächstes Jahr kommen, denn 2022 findet die Fußball-WM statt. Und die bringt nicht nur viel Werbung und viele Plakate, sondern auch viele Großbuchstaben. Vielleicht auch den Durchbruch für das große Eszett?
Was sind Ihre Erfahrungen mit dem neuen Buchstaben? Schreiben Sie es mir im Kommentar!