Gender: Wie kommt das Geschlecht in den Kopf? – Rezension

Bestimmt haben Sie es auch schon mitbekommen: Die Frage nach Gender und Geschlecht wird heiß diskutiert. Das Thema begegnet uns in unterschiedlichen Kontexten. Im Job sind wir damit konfrontiert, ob wir gendern sollen oder eben gerade nicht. In den Nachrichten wird von gewaltsamen Übergriffen auf Transaktivist*innen beispielsweise beim Christopher Street Day berichtet. Und wagt man eine Suche nach dem Hashtag #Gender auf Social-Media-Plattformen wie Twitter, ist man mittendrin in der hitzigen Debatte, was denn nun eigentlich einen richtigen Mann oder eine richtige Frau ausmacht und wer sich überhaupt Mann oder Frau nennen darf. Kurz: Das Thema ist nicht nur hochaktuell und sehr komplex. Es ist vor allem heiß diskutiert. Zu heiß findet Autorin Sigi Lieb – und ich stimme ihr da voll zu.

Buch zum Thema Gender

Sigi Lieb hat ein Buch zum Thema geschrieben: Alle(s) Gender. Wie kommt das Geschlecht in den Kopf? Ihr Wunsch und Anliegen ist es, Ruhe und Sachlichkeit in die Debatte zu bringen. Dieses Bestreben zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch und macht es allein deshalb schon lesenswert.

Auf über 300 Seiten sammelt die Autorin zahlreiche Daten und Fakten. Sehr viel Recherchearbeit ist in die Seiten geflossen. Alle Aussagen kann sie fundiert belegen. Dabei ist ihr sicherlich größter Verdienst, die vielen Aspekte des Themas Gender zu sortieren und ins Verhältnis zu setzen.

Ordnung schaffen in einem komplexen Thema

Sie schaut genau hin: Mit welchen Begriffen haben wir es in der Gender-Debatte zu tun und was bedeuten sie? Wo überall in unserer Gesellschaft spielt Geschlecht überhaupt eine Rolle? Ich darf verraten: in sehr, sehr vielen, vielleicht sogar in zu vielen. Sie sortiert auch: Was heißt „divers“, wenn wir uns dem Begriff medizinisch nähern? Wie kommt Geschlecht in unseren Kopf? Welche Rolle spielen die Sexualorgane, die Hormone, die Sozialisation?

Sie wirft viele Fragen auf und findet auf ihrer Reise durch die Themenwelt Gender auch einige Antworten. Klar wird aber auch: Viele Antworten gibt es auch deshalb noch nicht, weil noch nicht ausreichend geforscht wurde. Eine Leerstelle, die unbedingt geschlossen werden sollte.

Spannender Blick über den Tellerrand

Sigi Lieb schaut in ihrem Buch auch über den Tellerrand. Sie gibt Einblick in die Geschlechterkonzepte in anderen Kulturen. Wussten Sie zum Beispiel, dass es bei den Bugis in Indonesien traditionell fünf Geschlechter gibt? Und sie beschreibt, wie die Gesetzgebung rund um den Globus aussieht. In manchen Ländern ist man sehr viel fortschrittlicher als in Deutschland. Auch wenn das nicht über die Tatsache hinwegtäuschen sollte, dass insgesamt noch sehr viel zu tun ist.

Stimmen aus der Community

Besonders bereichernd fand ich die vielen Stimmen aus der Queer Community. Im ganzen Buch verteilt kommen betroffene Menschen zu Wort, die sich zu bestimmten Aspekten äußern. Sie lassen uns an ihren Erfahrungen teilhaben und geben der Debatte ums Gendern ein Gesicht.

Das Buch ist unbedingt lesenswert für alle, die sich mit dem Thema Gender beschäftigen – sei es, weil es neu für sie ist oder weil sie schon knietief im Thema sind. Sigi Lieb ordnet die wichtigsten Aspekte, bringt fundierte Fakten, erläutert zentrale Begriffe und verschafft Betroffenen Gehör. Ich finde, mit diesem Buch leistet sie einen wesentlichen Beitrag zu ihrem Ziel: die Auseinandersetzung über das Thema Gender friedlicher zu gestalten.

Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit dem Thema gemacht? Wie erleben Sie die Debatte? Verraten Sie es mir im Kommentar!

Übrigens: Falls Sie Lust auf einen Workshop zum Thema Gendern haben, schauen Sie doch mal vorbei! Ich würde mich freuen.

Das Buch:

Sigi Lieb: Alle(s) Gender. Wie kommt das Geschlecht in den Kopf?

Querverlag, 2023. 334 Seiten. 20 Euro.
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