Wo schreiben Sie am liebsten? Am Schreibtisch? Das wäre naheliegend, immerhin heißt das Möbel ja sogar nach diesem Zweck. Der Schreibtisch ist aber gar nicht unbedingt der beste Ort, um zu schreiben. Jedenfalls nicht immer. Warum sich ein Ortswechsel lohnt, verrate ich in diesem Blog-Beitrag.
Eindruck für mehr Ausdruck
Schreiben ist ein kreativer Prozess. Und Kreativität braucht Futter. Wir müssen Eindrücke sammeln, damit die Ideen sprudeln. Das müssen nicht unbedingt Eindrücke sein, die mit dem konkreten Text zu tun haben, den wir verfassen wollen. Wenn Sie eine neue Schraube beschreiben sollen, müssen Sie nicht unbedingt an der Werkbank stehen. Obwohl das bestimmt auch mal interessant und hilfreich wäre.
Kreativität bahnt sich – wie Wasser – ihren Weg selbst. Deshalb setzen Sie sich unterschiedlichen Eindrücken aus, egal, welcher Art. Schlendern Sie durch ein unbekanntes Stadtviertel, gehen Sie raus in die Natur, besuchen Sie ein Museum, kochen Sie mal etwas, was Sie noch nie gegessen. Setzen Sie sich neuen Eindrücken aus. Das macht Spaß, erweitert den Horizont und kurbelt nebenbei die Fantasie an.
Okay, dabei müssen Sie nicht schreiben. Das ist aber eine kurze Erklärung, wie Kreativität (auch) funktioniert und warum Ortswechsel grundsätzlich helfen können.
Frische Luft, frische Ideen
Wo schreiben Sie, abgesehen vom Schreibtisch, sonst noch? Haben Sie es schon mal draußen probiert? Im Garten, auf dem Balkon, im Park. Sie finden schon ein Plätzchen. Ein neuer Ort hält auch neue Ideen bereit.
Sie können sich nicht konzentrieren? Lassen Sie es drauf ankommen. Der Laptop-Bildschirm spiegelt in der Sonne? Schreiben Sie mal per Hand. Das ist übrigens auch eine spannende kreative Übung, die wir viel zu selten machen. Sie versuchen ja, sich zu konzentrieren, aber es funktioniert wirklich nicht? Dann machen Sie sich grobe Skizzen, sammeln Sie Ideen. Überarbeiten tun Sie zu Hause. Wenn das auch nicht geht, dann arbeiten Sie mit dem, was Sie haben: Beschreiben Sie, was Sie sehen. Schreiben Sie nicht an dem geplanten Text. Dann gehen Sie irgendwann nach Hause und setzen sich konzentriert an Ihre Schreibaufgabe. Sie werden sehen: Es läuft viel besser. Und dann probieren Sie das Ganze später noch mal, an einem anderen Tag.
Kaffeehausdichterinnen
Das ist der Traum vom Schreiben schlechthin, oder? Im Café sitzen, versunken schreiben, dazu eine Wiener Melange und im Anschluss ein tiefschürfendes Gespräch mit Herrn Rilke oder Frau Bachmann.
In meiner Zeit in Prag habe ich regelmäßig die einschlägigen Künstlercafés der Prager Literaturszene von anno dazumal besucht und konnte sehr gut verstehen, warum sich Franz Kafka, Max Brod, Rainer Maria Rilke und all die anderen hier so gerne herumgetrieben haben. Ich habe es mir nicht nehmen lassen, da auch die eine oder andere Schreibsession abzuhalten, und tue das seitdem sehr gern.
In Cafés schreibe ich persönlich am besten! Ich mag die Hintergrundgeräusche, wenn der Kaffeeautomat zischt und brummt, am Nachbartisch wird gemurmelt oder laut aufgelacht, nebenan knistert die Zeitung. Es ist ein Geräuschteppich, dem ich nicht genau zuhören muss, der bei mir aber etwas auslöst: eine besondere Art der Konzentration und äußerste Inspiration. Ich sitze allein und habe nicht zu tun, außer zu schreiben. Also schreibe ich. Probieren Sie es doch mal aus!
Orte als Versprechen
Manchmal habe ich eine Ladehemmung. Ich weiß, was ich sagen will, die Deadline drückt, aber ich kann mich nicht konzentrieren. Da ich im Homeoffice arbeite, ist der heimische Schreibtisch hier eher hinderlich. Ich lasse mich dauernd ablenken. Da sind Schreiborte außer Haus ein echtes Versprechen, sogar eine Zuflucht.
In der Bibliothek zum Beispiel sitzen oft Menschen und arbeiten. Außerdem ist es recht still. Wenn ich da hingehe, kann ich mich wie durch ein Wunder besser konzentrieren. Es wäre nämlich fast schon peinlich, beim Rumsurfen am Computer erwischt zu werden, wo doch alle anderen so fleißig sind. Und YouTube geht auch nicht, weil ich ja leise sein muss. Ach ja: Die Kopfhörer zu Hause lassen!
Wenn Bibliothek nichts für Sie ist, tut es vielleicht auch ein Co-Working Space. Die gibt es an sehr vielen Orten, mittlerweile auch in ländlichen Regionen. Bestimmt auch bei Ihnen.
Schreibauszeiten
Ein wenig aufwendiger, aber dafür umso effektvoller, können Schreibauszeiten sein. Es gibt mittlerweile richtige Schreib-Retreats – angeleitet und unangeleitet. Es tut aber auch ein behagliches Zimmer in einer kleinen Pension an einem schönen Ort. Folgen Sie einfach Ihrem eigenen Geschmack. Ich liebe das Meer und bin schon des Öfteren an die Nord- oder Ostsee gefahren. Dann habe ich jeden Tag mit einem Besuch am Meer begonnen und abgeschlossen. Herrlich!
Mir hat es geholfen, allein unterwegs zu sein. Ich kenne aber auch viele Kollegen und Kolleginnen, die sich verabreden und gemeinsam für eine Woche irgendwohin fahren. Sie verabreden sich dann zum konzentrierten Arbeiten. Das kann in Gesellschaft sehr produktiv sein.
Wo schreiben Sie am liebsten?
Ortswechsel sind echte Kreativitätsbooster. Und sie können die Produktivität ankurbeln. Wichtig fürs Gelingen ist, dass Sie sich selbst versprechen, diese Zeit als Schreibzeit zu nutzen. Dann können selbst kleine Ausflüge in den Park eine echte Wohlfühldusche für Ihr Schreiben sein.
Worauf warten Sie noch? Schnappen Sie sich Ihr Schreibzeug und probieren Sie es aus!
Übrigens: Wie Sie Ihre Kreativität auch am heimischen Schreibtisch ankurbeln können – das geht nämlich auch – zeige ich Ihnen in meinen Workshops zum kreativen Schreiben. Der nächste Termin ist im November. Schauen Sie doch vorbei!
Wo schreiben Sie am liebsten? Und wo klappt es bei Ihnen gar nicht? Verraten Sie es mir im Kommentar!